Vom Abbruch der alten Kapelle in Laubach

(aus der Festschrift zur 600 Jahrfeier)

Nur spärlich sind uns Nachrichten über die Kapelle zu Laubach, früher halb dem Kirchspiel Grävenwiesbach und halb dem Kirchspiel Merzhausen (bis 1818) zugehörig, überliefert worden. In einem Aktenstück aus dem Jahre 1620 wird berichtet,

"Es ist dz heilige oder Capellen gut zu Laabach vor wenigen jaren uf steigerung verkauft worden vor - 120 fl. (=Gulden)". (HStAW Abt. 136, Grävenwiesbach 24,1) Im ersten Kirchenbuch von Grävenwiesbach wurde unter dem 19. Februar 1662 die Heirat des Martin Köll mit Elisabeth eingetragen. Der Pfarrer fügte die Bemerkung "das Paar wurde in der Capelle zu Laubach copuliert" hinzu. Am 11. März 1675 fand die Trauung des Johann Peter Mertz aus Laubach mit Eulalia Sorg aus Heinzenberg statt, wiederum heißt es, "copuliert in der Capelle".

Die beiden Hochzeiten in der Kapelle zu Laubach widersprechen in einem Punkt dem nachfolgenden, in originaler Schreibweise wiedergegebenen Bericht von 1810 (HStAW Abt. 270, Nr. 502), in dem es heißt:

"Niemals ist es (das Capellchen) zu einer kircjlichen Handlung gebraucht worden"

Lassen wir nun den Bericht "An Herzogliches Consistorium" für sich selbst sprechen.

"Usingen den 22ten November 1810"

Unterthänigster Bericht den Abbruch des alten Kapellchens bei Laubach und deßen Verkauf nebst Glöcken betreffend.

Der Ort Laubach wird durch die durchfließende Laubach in zwei Theile getheilt, wovon die auf der linken Seite des Dorfes gelegene Häuser zum Stockheimer Gericht und in das Kirchspiel Merzhausen, die auf der rechten Seite gelegene Häuser zum Kirchspiel Grävenwiesbach gehören.

Noch von den ältesten Zeiten, wo dieser noch katholisch war, befindet sich ein kleines Kapellchen auf der zum Kirchspiel Grävenwiesbach gehörigen Seite, mit einem Glöckchen. Niemals ist es zu einer kirchlichen Handlung gebraucht worden, indem es ungefähr nur den Raum einer halben 16schuhigen Ruthe einnimmt, unten ganz offen von jeher gewesen ist und nichts diente, als mir dem darauf befindlichen Glöckchen der Gemeinde zur Zusammenkunft die nöthige Zeichen zu geben. Als ein offenstehendes Gebäude wurde es im Gegenteil täglich von Menschen und Vieh verunreinigt, dabei ist es seit mehreren Jahren so baufällig geworden, daß dessen Einsturz bei zum Zusammenläuten zu besorgen wäre. Es konnte mithin von Polizeiwegen in seinem jetzigen Zustand nicht mehr belaßen werden, Dem ganzen Kirchspiel Grävenwiesbach stand dieses Kapellchen als Eigentum und behauptete Laubach Stockheimer Seits als eine Gerechtsame, daß das gedachte Kirchspiel ihm sieses Kapellchen zum Aufhängen und Zusammenrufen der Gemeindsleute unterhelten müste.

Hierüber haben schon seit mehreren Jahren zwischen dem Kirchspiel und Laubach Stockheimer Seits, Anstände obgewaltet, und haben Wir nun bisher Uns bemüht, damit diese Sache zu keiner processualischen Verhandlung gekommen ist.

Nun haben sich das Kirchspiel Grävenwiesbach, wozu auch Laubach, Kirchspiler Seite gehört - Und die Gemeinde Laubach Stockheimer Seite verglichen, wonach die ganze Gemeinde Laubach das Kapelchen auf dem Abbruch mit dem Glöcken zu 41 fl. (Gulden) 30 Kreuzer erkauft, und das Kirchspiel Grävenwiesbach gänzlich von dessen ferneren Unterhaltung losgibt.

Die Gemeinde Laubsch läßt das an 40 Pfund schere Glöckchen an die dasige Schule unter einem kleinen Wetterdach aufhängen und damit in Zukunft die Leute zusammenläuten. Zur Unterhaltung dieses Kapellchens war ein Kapitalfond von 120 fl. vorhanden, von dessen Revenüen (=Einkünfte) der Schultheiß von Grävenwiesbach die anjetzt notwendige Reparaturen davon vorgenommen werden sollen, so würde die Zimmerarbeit nebst Holz allein an Kosten Aufwand den Kapitalstock erfordert haben.

Das Kirchspiel Gävenwiesbach ist nunmehr Willens deisen Kapitalstock von 120 fl. und den Kaufschiling von dem Erlös des Kapelchens ad. 47 1/2 fl. zu den Kosten von der Reparatur ihres Kurchturms und Kirche zu verwenden.

Da nun durch diesen Vergleich die von jeher über die Unterhaltung dieses Kapellchens zwischen beiden Theilen obgewaltete Discussion aufhören, der Mißstand, den dieses alte unreine Kapelchen dem Ort gewährte, aufhört, nicht nur der Besorgnis eines etwaigen Einsturzes dieses Gebäudes bei Zusammenläuten der Gemeinde abgeholfen ist, sondern auch das Kichspiel Grävenwiesbach bei den beträchtlichen jetzigen Baukosten zur Reparatur des Thurmes und der Kirche sich helfen kann; so haben wir diesen Vergleich zur Genehmigung Herzoglichen Consistorio einberichten sollen.

Usingen den 22ten Novenmer 1810

Pagenstecher (war 1807-1812 Amtmann zu Usingen), Schwein (war 1802-1818 1. Pfarrer zun Usingen)

Schon 6 Tage nach diesem Bericht kam die Antwort aus Wiesbaden, dem Abbruch des Kapellchens wurde zugestimmt.

"An den Convert zu Usingen, Wiebaden 28. Novem. 1810

Rescribatur dem N. auf seinem Bericht vom 22ten dieses, dem Abbruch des alten Kapellchens bei Laubach und dessen Verkauf nebst dem Glöckchen betr. Man genehmige die wegen dieses Kapellchens zwischen der Gemeinde Laubach und dem Kirchspiel Grävenwiesbach getroffene Übereinkunft, so wie das letzteres den Kaufschilling ad 47 1/2 fl. nebst dem zur bisherigen Unterhaltung des Kapelchens vorhandenen Kapitalfond von 120 jl. zu den Reparaturkosten ihrer Kirche verwenden."

Über den Verbleib des kleinen Glöckchens ist leider nichts bekannt.